Antrag der AfD Stadtverordnetenfraktion für die
Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 14. September 2017
Rahmenvorgaben zum allgemeinen, erwerbsmäßigen und organisierten Betteln
Die Landeshauptstadt Wiesbaden ist für ihre Schönheit bekannt. Die Kirchgasse und die Wilhelmstraße gelten bundesweit als hervorragende Einkaufsorte und sind sehr beliebt. Leider kann man immer wieder Fälle von erwerbsmäßigen und aufdringlichen Betteln erleben. Dies stört immer wieder das Bild der Innenstadt und unsere Pflicht ist es auch, Gefahren für Bürger in diesem Stadtteil zu verhindern.
Damit Bürger und Gäste der Landeshauptstadt Wiesbaden sicher und stressfrei unsere Stadt genießen und einkaufen können, beantragen wir eine Verbesserung der Gefahrenabwehrverordnung sowie der Verwaltungsrichtlinien zur Straßensondernutzung.
Die Stadtverordnetenversammlung wolle beschließen
- § 4 Abs. 1 der Gefahrenabwehrverordnung sowie die Verwaltungsrichtlinien zur einheitlichen Behandlung der Sondernutzungen an öffentlichen Straßen und über Sondernutzungsgebühren der Landeshauptstadt Wiesbaden soll auch an neue Formen des erwerbsmäßigen und organisierten Bettelns angepasst werden.
- § 4 Abs. 1 der Gefahrenabwehrverordnung der Landeshauptstadt Wiesbaden soll daher im Wortlaut wie folgt geändert bzw. ergänzt werden:
„Das aggressive Betteln durch nachdrückliches oder hartnäckiges Ansprechen von Personen, das Betteln durch das Vorschicken von Kindern, das organisierte Betteln, das Betteln unter Zurschaustellung tatsächlicher oder der Vortäuschung körperlicher Behinderungen, Krankheiten oder persönlicher Notlagen, sowie das Betteln mit Zirkustieren ist verboten.“ - Die Verwaltungsrichtlinien zur einheitlichen Behandlung der Sondernutzungen an öffentlichen Straßen und über Sondernutzungsgebühren in der Landeshauptstadt Wiesbaden werden unter Punkt VI. Straßenkunst und Straßenmusik wie folgt geändert:
Die Punkte 1.2 und 1.3 entfallen und werden wie folgt ersetzt:
„1.2. Die Ausübung bildender und darstellender Künste, wie z.B. Pantomime, Artistik, Kabarett, Straßentheater sowie sonstige künstlerische Nutzungen wie Pflastermalerei, Töpferei, Bildhauerei, Kunstmalerei, Holzschnitzerei u.a. sind erlaubnis- und gebührenpflichtig.“
4. Für die Ausübung darstellender Künste wird eine Sondernutzungsgebühr je Tag von 15,00 € erhoben. Die Anlage zu § 8 der Satzung über Sondernutzungen an öffentlichen Straßen und über Sondernutzungsgebühren in der Landeshauptstadt Wiesbaden ist entsprechend zu ergänzen.
Begründungsrede:
Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
sehr geehrte Damen und Herren Kollegen,
meine Fraktion hat einen Antrag zur Anpassung von § 4 Abs.1 der Gefahrenabwehrverordnung der Landeshauptstadt Wiesbaden entschlossen. Dieser Paragraph regelt, welche Formen des Bettelns in Wiesbaden verboten sind. Dies sind bislang das aggressive Betteln und das Betteln mit und durch Kinder sowie das organisierte Betteln.
Ich möchte vorab klar stellen, dass sich unser Antrag nicht gegen den stillen Almosenempfänger mit seinem Hund richtet, sondern gegen solche Formen des organisierten Bettelns, die vor allem in den Wintermonaten in Wiesbaden zu beobachten waren und viele Passanten gestört und verschreckt haben.
Auffallend oft waren in der Fußgängerzone Menschen mit schwersten körperlichen Beeinträchtigungen, teilweise mit amputierten Gliedmaßen, zu sehen, die trotz Minusgraden in kurzer Hose auf dem Boden saßen, damit die Beinstümpfe für Passanten gut sichtbar waren. Die Strategie dieses Form des organisierten Bettelns ist klar: je schockierender die Verkrüppelung, je furchtbarer der Anblick, desto wirksamer. Je größer der Tabubruch, je rigoroser der Verstoß gegen die üblichen Bettelregeln, desto wahrscheinlicher ist es, dass sich die entsetzten Passanten durch eine Spende „freikaufen“.
Aber uns geht es nicht nur um die Passanten, meine sehr verehrten Damen und Herren, den hinter diesem organisierten Betteln steht nach übereinstimmenden Medienberichte ein skrupelloses System, in dem die Bettler selbst das Opfer sind und täglich an wechselnde Standorte gekarrt werden und von ihren Familien oft Wochen und Monatelang getrennt sind, meist gegen ihren Willen! Dass diese Menschen das Geld nicht behalten dürfen, sondern an die Hintermänner abgeben müssen, ist ebenso bekannt wie empirisch belegt.
Eine weitere Form des organisierten Bettelns, die fast täglich in Wiesbaden anzutreffen ist und von vielen Menschen als extrem störend empfunden wird, sind die sogenannten Statuenmenschen oder Pantomimen. Unter „Statuenmenschen“ sind diejenigen Personen zu verstehen, die an exponierter Stelle, häufig „überhöht“ auf einem kleinen Sockel und damit gut sichtbar, in einem charakteristischen Kostüm unbeweglich – also statuenhaft – verharren. Sie ziehen die Passanten gleich in doppelter Weise in ihren Bann: einmal durch ihr auffälliges Outfit (als Clown, weißen Pantomimen oder Bronzestatue) und außerdem durch ihre Unbeweglichkeit. Meist ist diese Unbeweglichkeit aber nur von kurzer Dauer und vorbeilaufende Passanten wird entweder zugewinkt oder mittels einer kleinen Pfeife im Munde wird auf sich aufmerksam gemacht.
Dass es sich hierbei weder um echte Pantomimen-Kunst eines Marcel Marceau handelt, noch um wirkliche Statuenmenschen, dürfte jedem klar sein. Die Verwaltungsrichtlinien für die Nutzung der Fußgängerzone erlauben zwar die Ausübung bildender und darstellender Kunst wie z.B. Pantomime, Artistik und Kabarett, aber hier handelt es sich doch zweifellos um die Vortäuschung einer künstlerischen Darbietung, mit der organisiertes Betteln weniger auf den Mitleid-Faktor der Passanten setzt, sondern auf die „Spendenfreudigkeit“ und Naivität eines weniger begeisterten, sondern vielmehr durch Winken und Pfeifen belästigten Publikums.
Ähnlich verhält es sich mit den Hundesandskulpturen, die vor allem in den Wintermonaten zu sehen sind. Auffälligerweise machen die Künstler immer nur die gleiche Figur, nämlich einen liegenden Hund. An einem Tag im Februar diesen Jahres war diese Hundesandskulptur gleich dreimal in der Fußgängerzone zu bestaunen, und zwar gleichzeitig an drei verschiedenen Punkten!
Meine Damen und Herren, natürlich ist Kunst und vor allem gute Kunst Auslegungs- und Geschmackssache, aber sobald ein Plastikbecher zum Geld hineinwerfen im Spiel ist, handelst es sich unserer Ansicht nach nicht mehr um Straßenkunst, sondern um organisiertes Betteln.
Das aggressive Betteln durch Ansprechen und durch das Vorschicken von Kindern ist durch die entsprechende Änderung der Gefahrenabwehrverordnung und entsprechendes Handeln der Stadtpolizei fast vollständig verschwunden. Wir sehen gute Chancen, dass das menschenunwürdige Betteln mit Verstümmelungen, sowie das organisierte Betteln mit Pantomimen u. ä. durch die von uns vorgeschlagene Änderung der Bettelsatzung ebenso verschwinden kann.