(Wiesbaden, den 8. November 2018) Man kann förmlich spüren, was den Vertretern der Rathausparteien von Linke bis CDU durch den Kopf gegangen sein muss, als sie den Antrag der AfD-Fraktion auf der Tagesordnung für die Stadtparlamentssitzung am 8. November 2018 gesehen haben.
Die AfD beantragt die Einrichtung einer Meldestelle für Antisemitismus, die auch Vorfälle erfasst, die unterhalb der Schwelle zum Straftatbestand bleiben und deshalb in der polizeilichen Kriminalstatistik nicht auftauchen.
Ein vernünftiger Antrag, noch dazu am Vortag des 9. November, also dem Gedenktag für die Pogromnacht. Wieso sind wir da nicht selbst drauf gekommen? Was machen wir jetzt? Normalerweise würden wir den Antrag einfach ablehnen – ist ja von der AfD. Aber das geht bei dem Thema nicht. Zustimmen? Geht nicht – ist ja von der AfD. Einen Ersetzungsantrag einreichen? Aber was sollte da anderes drin stehen als im AfD-Antrag? Zu durchsichtig. Es muss eine Lösung her!
So oder ähnlich dürften die Überlegungen bei den Vertretern der Altparteien im Rathaus gewesen sein.
Und nun kommt heute Morgen, am Tag der Plenarsitzung, der Wiesbadener Kurier mit der Meldung um die Ecke, die Landesregierung wolle zukünftig jeden Fall von Antisemitismus erfassen. Zufälle gibt’s!
Die Information zu diesen Plänen scheinen der Verlagsgruppe Rhein Main exklusiv vorzuliegen, denn in keiner anderen Zeitung ist dazu heute etwas zu finden. Allerdings sind die Angaben im Kurier zu den plötzlichen Plänen der Landesregierung recht vage. Dort ist zu lesen: „Jetzt hat sich die Landesregierung mit den Sicherheitsbehörden und den jüdischen Gemeinden darauf verständigt, sämtliche Fälle von Antisemitismus zu erfassen. Mithin auch Vorfälle, die unterhalb der Strafbarkeitsschwelle liegen.“ Wann genau sich welche Vertreter der Landesregierung mit welchen Sicherheitsbehörden zu welchem Vorgehen genau verständigt haben, wird dem Leser nicht mitgeteilt.
Die Erleichterung bei den Rathausparteien dürfte groß sein. Jetzt könnte man das Thema auf die Landesebene verschieben. Allerdings, dort sitzt demnächst die AfD ebenfalls und wird prüfen, ob den Plänen der Landesregierung auch wirklich Taten folgen.