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Antrag auf Ausarbeitung und Vorlage einer Gefahrenabwehrverordnung für den Betrieb von Gaststätten, Bars und anderen Innengeländen, in denen das Rauchen von Wasserpfeifen angeboten wird

Antrag der AfD-Stadtverordnetenfraktion für die Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 07.02.2018

 

Antrag auf Ausarbeitung und Vorlage einer Gefahrenabwehrverordnung für den Betrieb von Gaststätten, Bars und anderen Innengeländen, in denen das Rauchen von Wasserpfeifen angeboten wird

 

Begründung:

Der Konsum von Wasserpfeifen, sogenannter Shishas, erfreut sich seit einigen Jahren steigender Beliebtheit. Auch in Wiesbaden werden viele Shisha-Bars betrieben. Seit Inkrafttreten des Hessischen Gaststättengesetzes (HGastG) am 1. Mai 2012 muss keine Erlaubnis (Konzession) mehr für das Betreiben eingeholt werden. Es genügt eine Gewerbeanmeldung. Neben dem HGastG sind die Vorschriften des Hessischen Nichtraucherschutzgesetzes (HessNRSG) zu beachten.

Es kommt immer wieder zu Fällen, bei denen Gäste von Shisha-Bars teils erhebliche gesundheitliche Schäden durch Kohlenmonoxid-Vergiftungen erleiden, bis hin zu Todesfällen. Das geruchslose und unsichtbare Kohlenmonixid-Gas (CO) entsteht bei der unvollständigen Verbrennung von Brennstoffen. Im Falle der Shisha-Bars bei der Vorbereitung und Anwendung der glühenden Kohlestückchen, die zum Erhitzen des Tabaks in den Shishas benutzt werden.

CO ist ab einer gewissen Konzentration in der Atemluft gesundheitsschädlich, weil es anstelle von Sauerstoff an das Hämoglobin im Blut gebunden wird und so die Aufnahme von Sauerstoff verhindert. Die Vergiftung beginnt schleichend und meist unbemerkt. Die Folgen reichen von Kopfschmerzen, Übelkeit und Atemnot über irreversible Herz- und Hirnschäden bis hin zum Tod. Kontrollen der Ordnungsämter erbringen  erschreckend häufig gravierende Überschreitungen der als gesundheitlich unbedenklich geltenden  Kohlenstoffmonoxid-Werte in Shisha-Bars. Zwar gibt es Shisha-Pfeifenköpfe im Handel, die elektrisch erhitzt werden, jedoch scheuen die Betreiber meist diese Investition.

In der Folge der Lockerung des Bundes-Gaststättengesetzes und seiner Ersetzung durch das HGastG kam es landesweit zu Verunsicherungen über die Zuständigkeiten. Für Kontrollen der Be- und Entlüftung ist das Bauamt zuständig, für Kontrollen der Emissionen und Immissionen das Umweltamt und für die Einhaltung des Gaststättenrechts und des Jugendschutzes das Ordnungsamt.

Die zuständigen Ämter führen zwar Kontrollen durch, haben jedoch aufgrund eines fehlenden gesetzlichen Grenzwertes für Kohlenmonoxid kaum eine Handhabe, um fahrlässiges oder vorsätzliches Verhalten der Betreiber zu ahnden. Es können nach derzeitiger Rechtslage nur Maßnahmen zur kurzfristigen Gefahrenabwehr ergriffen werden wie beispielsweise eine vorübergehende Schließung des Lokals zum Durchlüften.

Die hessische Landesregierung hat trotz zahlreicher Vorstöße verschiedener Kommunen zu diesem Thema bisher keinerlei Absicht erkennen lassen, eine gesetzliche Regelung zum Schutz der Verbraucher und Mitarbeiter zu treffen.

Kommunen haben aber die Möglichkeit, eigene Verordnungen zu erlassen, um Gefahren für die Besucher öffentlicher Orte abzuwehren und Verstöße gegen solche Verordnungen als Ordnungswidrigkeiten mit Geldbußen zu ahnden.

Die bestehende Gefahrenabwehrverordnung der Landesshauptstadt Wiesbaden deckt die Problemstellung der Vergiftungsgefahr durch Kohlenmonoxid in Shisha-Bars nicht ab.

 

Antrag:

Die Stadtverordnetenversammlung wolle beschließen:

Der Magistrat wird beauftragt, zusätzlich zu der bestehenden Gefahrenabwehrverordnung eine  eigenständige Verordnung gemäß § 74 Hessisches Gesetz über öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) für die Landeshauptstadt Wiesbaden auszuarbeiten, die die Voraussetzungen regelt, unter denen in Bars, Gaststätten und anderen Innengeländen das Rauchen von Wasserpfeifen angeboten werden darf.

Die ausgearbeitete Verordnung soll der Stadtverordnetenversammlung spätestens im Juni 2018 zur Beschlussfassung vorgelegt werden.

Diese Verordnung soll insbesondere folgende Punkte regeln:

 

  1. Einen einzuhaltenden maximalen Kohlenmonoxid-Wert innerhalb der Gaststätte oder Bar, der sich am aktuellen AGW (=Arbeitsplatzgrenzwert) von 30 ppm orientiert.
  2. Den verpflichtenden Einbau einer ausreichenden Anzahl von akustischen CO-Meldern (beispielsweise DIN-EN 50921) im Gastraum sowie im Zubereitungsbereich. Hierbei ist zu beachten, dass Kohlenmonoxid sich, anders als beispielsweise Sauerstoff, nicht gleichmäßig im Raum verteilt.
  3. Den verpflichtenden Einbau einer mechanischen Be- und Entlüftungsanlage für den Gastraum sowie eine Bestätigung durch eine Fachfirma, dass diese Anlage für die betreffende Gaststätte oder Bar und den Nutzungszweck ausreichend geeignet ist.
  4. Den verpflichtenden Einbau einer Rauchgasabzugsanlage im Zubereitungsbereich (Anzündstelle) sowie eine Bestätigung durch eine Fachfirma, dass diese Anlage für die betreffende Gaststätte oder Bar und den Nutzungszweck ausreichend geeignet ist.
  5. Die Festlegung von Ordnungswidrigkeiten und Geldbußen bei vorsätzlichen oder fahrlässigen Verstößen gegen die Verordnung.
  6. Die Festlegung der zuständigen städtischen Kontrollbehörde.

 

Begründungsrede Dr. Eckhard Müller zum Antrag auf Ausarbeitung und Vorlage einer Gefahrenabwehrverordnung für den Betrieb von Gaststätten, Bars und anderen Innengeländen, in denen das Rauchen von Wasserpfeifen angeboten wird

 

 

Sehr geehrte Frau Stadtverordnetenvorsteherin,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

sehr geehrte Damen und Herren,

 

 

In Wiesbaden gibt es laut Auskunft des Ordnungsamtes etwa 30 Shisha-Bars. Genaue Zahlen sind schwierig zu ermitteln, denn Shisha-Bars brauchen keine gesonderte Erlaubnis.

 

Es vergeht kaum ein Monat, in dem nicht eine neue Meldung durch die Presse geht, dass schon wieder Gäste in einer Shisha-Bar kollabiert sind und eine Kohlenmonoxid-Vergiftung erlitten haben. Hessen macht da keine Ausnahme, auch nicht die Landeshauptstadt Wiesbaden.

 

So erlitten bereits im Dezember 2011 zehn Personen im Wiesbadener Vorort Igstadt eine CO-Vergiftung, vier davon mussten im Krankenhaus behandelt werden. Im Januar 2013 erlitten  acht Personen in Wiesbaden eine Kohlenmonoxid-Vergiftung. Zwei davon mussten in eine Druckkammer, um die CO-Konzentration im Blut schnell genug zu senken. Ein Betroffener fuhr mit dem Auto gegen eine Laterne, weil ihm übel wurde.

Und im November 2017 brachen in Eltville zwei Personen wegen einer schweren CO-Vergiftung zusammen.

 

Kohlenmonoxid entsteht bei der unvollständigen Verbrennung der Kohlenstückchen, die typischerweise schwelend auf die Pfeife gelegt werden, um den Tabak zu erhitzen. Es ist ein tückisches Gas. Man sieht, schmeckt und riecht es nicht.

 

Die Vergiftung mit Kohlenmonoxid verläuft deshalb zunächst unbemerkt. Das CO-Gas wird anstelle von Sauerstoff an das Hämoglobin im Blut gebunden und blockiert so die Aufnahme von Sauerstoff. Wenn die ersten Symptome wie Übelkeit, Kopfschmerzen oder Bewusstlosigkeit auftreten, ist bereits eine schwere Vergiftung eingetreten, die sich fatalerweise auch nicht sofort beheben lässt. Die Unterversorgung der Organe mit Sauerstoff dauert an, bis frischer Sauerstoff das Kohlenmonoxid allmählich im Blut verdrängt hat.

 

Deshalb reichen die Folgeschäden von irreversiblen Herz- und Hirnschäden bis zum Tod.

 

Der sprunghafte Anstieg der Fallzahlen ist wirklich alarmierend und wird am Beispiel der Düsseldorfer Uniklinik anschaulich belegt.

 

Dort musste im Jahr 2015 nur ein Shisharaucher mit schwerer Kohlenmonoxidvergiftung in der klinikeigenen Druckkammer behandelt werden, im Jahr 2016 waren es bereits 5 und in 2017 schon fast 40 Personen! (Ärzteblatt, 7.11.2017)

 

Die Ärztekammer Nordrhein fordert deshalb die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen auf, den Einbau von Kohlenmonoxid-Meldern künftig vorzuschreiben.

 

Auch in Schleswig-Holstein ist man nach den jüngsten Vorfällen in Kiel schon weiter als in Hessen. Dort hat die SPD einen Antrag in den Landtag eingebracht und strebt eine gesetzliche Pflicht für Kohlenmonoxid-Warnmelder in Shisha-Bars an. Die FDP will statt eines Gesetzes einen landesweiten Erlass zu diesem Thema.

 

Die Hessische Landesregierung zeigt hier leider trotz Aufforderungen aus den Kommunen keinerlei Anzeichen, sich der Sache anzunehmen. Eine Umfrage bei hessischen Kreisen zu Erfahrungen mit dem 2012 in Kraft getretenen Hessischen Gaststättengesetzes ergab, dass die Kreise sich die Aufnahme einer Vorschrift in das Gesetz wünschen, welche die Anforderungen an den Betrieb einer „Shisha-Gaststätte“ regeln soll. (Geschäftsbericht des Hessischen Landkreistages 2015/16)

 

Bei einer öffentliche Anhörung im Hessischen Landtag am 10. November 2016 berichtete auch die Abgeordnete des Hessischen Städtetages, Anita Oegel, von Problemen bei Shisha-Gaststätten mit Bezug auf die CO-Emissionswerte.

 

Geschehen ist seitdem nichts.

 

Wir können aber als Landeshauptstadt mit dem Schutz unserer Bürger nicht warten, bis die Landesregierung endlich einmal handeln wird. Wir können nicht weitere Geschädigte, vielleicht sogar Tote riskieren. Die Verantwortung gegenüber unseren Bürgern gebietet es uns, jetzt zu handeln und das zu tun, was wir aus eigener, aus kommunaler Kraft tun können.

 

Das Problem liegt nicht bei den Ämtern und Behörden. Wir haben uns umgehört. Es werden durchaus von den zuständigen Behörden Kontrollen durchgeführt. Ordnungsamt, Bauamt und Gesundheitsamt sind nicht untätig. Das Problem liegt woanders.

 

Da es einerseits keinen gesetzlichen Grenzwert für Kohlenmonoxid gibt und andererseits die Shisha-Bars keinen besonderen Vorschriften unterliegen, wird selbst bei absolut gesundheitsschädlichen Kohlenmonoxid-Werten gegen nichts verstoßen. Und da liegt der Hase im Pfeffer.

 

Ordnungsamt und Feuerwehr können nur kurzfristige Maßnahmen zur unmittelbaren Gefahrenabwehr ergreifen, wenn bei einer Kontrolle mal wieder viel zu hohe CO-Werte in einem Raum gemessen werden.

Es braucht jedoch eine Regelung, die präventiv greift. Bevor etwas passiert!

 

Die Ordnungsämter quer durchs Land wünschen sich händeringend eine zügige Regelung, die ihnen einerseits eine klare Zuständigkeit verschafft und andererseits Sanktionsmöglichkeiten an die Hand gibt.

 

Hier können und müssen wir ansetzen.

 

Das Hessische Gesetz über öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) ermöglicht es den Kommunen, nach § 74 eigene Gefahrenabwehrverordnungen zu erlassen.

 

Zwar hat die Landeshauptstadt Wiesbaden bereits eine Gefahrenabwehrverordnung, diese zielt aber vor allem auf öffentliche Außengelände ab, während es im vorliegenden Fall aber um Bars und andere öffentliche Innengelände geht.

 

Wir schlagen deshalb vor, dass der Magistrat uns noch vor der Sommerpause eine gesonderte Verordnung zur Beschlussfassung vorlegen möge, die sich speziell der öffentlichen Sicherheit in Innengeländen widmet, insbesondere solchen, in denen das Rauchen von Shisha-Pfeifen angeboten wird.

 

Ganz besonders wichtig sind dabei die Sicherstellung einer ausreichenden Durchlüftung der Räume, der Einbau von Kohlenmonoxid-Warnmeldern und die Festlegung von Ordnungswidrigkeiten in Verbindung mit Geldbußen.

 

Gefahrenabwehrverordnungen sind sogenanntes Polizeirecht. Im Gegensatz zum Erlass von Auflagen, mit denen sich einige Kommunen zurzeit behelfen, wäre bereits durch die Rechtsform der Verordnung festgelegt, dass die Zuständigkeit eindeutig beim Ordnungsamt liegt.

 

Ich bitte Sie um Zustimmung für unseren Antrag.

 

Vielen Dank.

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