Verbot der Vollverschleierung in der Verwaltung der Stadt Wiesbaden
1. Antrag
Antrag der AfD-Stadtverordnetenfraktion für die
Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 22. September 2016
Verbot der Vollverschleierung in der Verwaltung der Stadt Wiesbaden
Im Interesse einer bürgernahen Verwaltung ist es unerlässlich, dass Bürger den Bediensteten ins Gesicht schauen können. Darüber hinaus ist eine Vollverschleierung ein deutliches Symbol für eine Weltanschauung und eine Sicht auf das Verhältnis von Mann und Frau, die nicht in den öffentlichen Dienst passen. Der Staat und seine Exekutive haben die Pflicht zu politischer, weltanschaulicher und religiöser Neutralität.
Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:
Der Magistrat wird gebeten:
1. Die Bekanntmachung (Hinweis auf die Rechtslage) 215 des hessischen Ministeriums des Innern und für Sport vom 16.02.2011 (veröffentlicht 21.03.2011, Stanz 12/2011, S. 522) über das Verbot einer Vollverschleierung in der öffentlichen Verwaltung des Landes Hessen für die Verwaltung der Stadt Wiesbaden umzusetzen.
2. Ein Verbot der Vollverschleierung bei Bediensteten der Verwaltung der Stadt Wiesbaden auszusprechen.
2. Begründungsrede

Stadtverordneter Robert Lambrou
Sehr geehrte Frau Stadtverordnetenvorsteherin,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren,
die Alternative für Deutschland hat einen Antrag zum Verbot der Vollverschleierung bei Bediensteten der Verwaltung der Stadt Wiesbaden gestellt.
Ich möchte Ihnen den Antrag wie folgt begründen.
Es gibt eine Bekanntmachung des hessischen Ministeriums des Innern und für Sport vom 16. Februar 2011 zum Thema „Tragen einer Burka im Landesdienst während der Dienstzeit.“
Diese Bekanntmachung ist laut Auskunft des hessischen Innenministeriums an die AfD Stadtverordnetenfraktion Wiesbaden, Stand vergangene Woche, nach wie vor gültig.
In dieser Bekanntmachung heißt es und ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis:
Nach § 68 Absatz 2 des Hessischen Beamtengesetzes haben sich Beamtinnen und Beamte (vergleiche für Lehrkräfte § 86 Absatz 3 des Hessischen Schulgesetzes) im Dienst politisch, weltanschaulich und religiös neutral zu verhalten.
Insbesondere dürfen sie Kleidungsstücke, Symbole oder andere Merkmale nicht tragen oder verwenden, die objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die Neutralität ihrer Amtsführung zu beeinträchtigen oder den politischen, religiösen oder weltanschaulichen Frieden zu gefährden.
Auch die Tarifbeschäftigten des öffentlichen Dienstes sind grundsätzlich zur religiösen und politischen Neutralität verpflichtet (vergleiche unter anderem § 3 Absatz 1 Seite 2 TV-H Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst des Landes Hessen).
Daraus ergibt sich, dass die Beschäftigten im öffentlichen Dienst des Landes Hessen, ob im Beamten- oder Arbeitsverhältnis, insbesondere solche, die Bürgerkontakt haben, keine Burka oder andere Formen der Gesichts- oder Vollverschleierung während der Dienstzeit tragen dürfen, weil diese als Zeichen einer Haltung gegen die Werte der westlichen Welt, die auch dem Grundgesetz und der hessischen Verfassung zugrunde liegen, verstanden werden können und die Neutralität gefährdet.
Auf die eigene Bewertung der Amtsträger kommt es dabei nicht an.
Die Nichtbeachtung kann zu dienst-, disziplinar- und arbeitsrechtlichen Konsequenzen führen.
Den Gemeinden, Gemeindeverbänden und den sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts wird empfohlen, entsprechend meiner Rechtsauffassung zu verfahren.
Soweit die Bekanntmachung des Hessisches Ministeriums des Innern und für Sport von 2011.
Meine Damen und Herren,
Hintergrund dieser Bekanntmachung war der Fall einer 39jährigen Angestellten im Bürgeramt in Frankfurt am Main vor einigen Jahren. Kurz vor Beendigung ihrer Elternzeit hatte diese Angestellte angekündigt, nicht mehr nur Kopftuch zu tragen, sondern vollverschleiert zum Dienst zurückzukehren.
Der Fall, der damals bundesweit für Aufmerksamkeit sorgte, veranlasste den damaligen hessischen Innenminister Boris Rhein (CDU) zum Erlass eines generellen Verbots der Ganzkörperverschleierung im öffentlichen Dienst des Landes Hessen.
Die Entscheidung wurde damals fast durchweg begrüßt. Vor allem in einer Verwaltung, die bürgernah sein will, müsse man den Bediensteten ins Gesicht schauen können. Auch verstoße eine Vollverschleierung, die eine Ausdrucksform einer besonders strengen Auslegung des Islams ist, gegen das Neutralitätsgebot des Staates.
Aufgrund dieses Erlasses bzw. der Bekanntmachung aus dem Jahr 2011, die laut hessischem Innenministerium Stand vergangen Woche, wie bereits erwähnt weiter gültig ist, ist es hessischen Städten und Gemeinden also ohne weiteres möglich, das Tragen einer Vollverschleierung für ihre Angestellten zu verbieten.
Laut Auskunft der Amtsleitung des in Wiesbaden zuständigen Amtes, nämlich dem Personal- und Organisationsamt an die AfD Stadtverordnetenfraktion ist dieser Punkt auf städtischer Ebene aber eben NICHT geregelt. Wir würden uns hier in einer Grauzone befinden.
Das war der Auskunftsstand vergangene Woche und diese Information hat uns veranlasst, diesen Antrag zu stellen.
Die AfD Stadtverordnetenfraktion möchte, dass dieser Punkt klar geregelt wird, und zwar bevor der Fall eintritt, dass eine Angestellte der Stadt Wiesbaden in Burka oder Niqab zur Arbeit kommt.
Natürlich kann man einwenden, dass dies aktuell nicht der Fall ist und man sich damit befassen kann, wenn der Fall, wie in Frankfurt vor ein paar Jahren, eintritt.
Ich gebe dabei aber folgendes zu bedenken.
Der Politik wird oft vorgeworfen, dass sie immer erst handelt, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist.
Lassen Sie uns dieses Thema hier in Wiesbaden bitte rechtzeitig vorbeugend behandeln, damit es erst gar nicht zu einer entsprechenden Situation kommt.
Selbst die Bundeskanzlerin hat Mitte September öffentlich gesagt, dass sie in der Burka ein Integrationshindernis sieht.
Zwar hat sich Frau Merkel dabei gegen ein generelles Verbot der Burka ausgesprochen. Sie hat aber auch gesagt, dass sie sieht, dass in bestimmten Bereichen eine Vollverschleierung nicht akzeptabel sei und hat als Beispiel den öffentlichen Dienst genannt.
Gerade in der Landeshauptstadt haben wir mittlerweile eine besondere Situation. Die Zahl der Frauen in der Wiesbadener Innenstadt, die in Niqab oder sogar in Burka herumlaufen, übrigens durchaus auch zwischen dem hessischen Landtag und dem Wiesbadener Rathaus, hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen.
Es gibt in der Stadt nach unserer Wahrnehmung, inzwischen bei vielen Bürgerinnen und Bürgern ein deutliches Unbehagen über diese Entwicklung.
Die Bürger der Stadt können leicht den Eindruck gewinnen, dass die Stadtpolitik sich nicht um dieses Thema kümmert, nicht einmal in den Bereichen, für welche die Stadtpolitiker zuständig sind, um Regelungen zu treffen.
Politische Entscheidungen sind immer auch richtungsweisend und verkörpern damit auch stets ein Stück weit Symbolpolitik.
Lassen Sie uns deshalb, mit der klaren Zustimmung zu diesem Verbot ein öffentliches Zeichen setzen, dass die Wiesbadener Politiker, da wo es in der Landeshauptstadt eine rechtliche Möglichkeit gibt, die Vollverschleierung zu verbieten, dieses auch deutlich tun.
Im Interesse einer bürgernahen Verwaltung ist es unerlässlich, dass man sich gegenseitig ins Gesicht schauen kann. Darüber hinaus ist eine Vollverschleierung ein deutliches Symbol für eine Weltanschauung und eine Sicht auf das Verhältnis von Mann und Frau, die nicht in den öffentlichen Dienst passen. Der Staat und seine Exekutive haben die Pflicht zu politischer, weltanschaulicher und religiöser Neutralität.
Die Stadtverordnetenversammlung möge deshalb beschließen, dass der Magistrat gebeten wird, ein Verbot der Vollverschleierung für die Bediensteten der Verwaltung der Stadt Wiesbaden auszusprechen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
3. Ergebnis
Die CDU-Fraktion stellte den Geschäftsordnungsantrag, den AfD-Fraktion durch Aussprache für erledigt zu erklären. Dieser fand eine Parlamentsmehrheit. Nur die AfD-Fraktion stimmte gegen den Geschäftsordnungsantrag. Damit kam der Antrag der AfD-Fraktion nicht zur Abstimmung.
4. Pressemitteilung der AfD-Fraktion
Stadtverordnetenversammlung drückt sich bei Vollverschleierungsverbot vor Entscheidung
Der Antrag der AfD Stadtverordnetenfraktion auf Verbot der Vollverschleierung für Bedienstete der Stadt Wiesbaden wurde in der gestrigen Stadtverordnetenversammlung nach einer kurzen Diskussion auf Antrag der CDU durch Aussprache für erledigt erklärt.
Die AfD sah das anders und stimmte deshalb als einzige Fraktion gegen diesen Geschäftsordnungsantrag.
Der Eindruck der AfD-Stadtverordneten in der Debatte zum Tagesordnungspunkt 7 war, dass der zuständige Dezernent Detlev Bendel (CDU) keine klare Aussage getroffen hat, ob die Vollverschleierung für Bedienstete der Stadt Wiesbaden während der Arbeitszeit nun verboten ist oder ob es sich hier in der Tat um eine in der Landeshauptstadt noch ungeregelte rechtliche Grauzone handelt.
Robert Lambrou, der den Antrag in die Stadtverordnetenversammlung für die AfD-Fraktion eingebracht und sehr sachlich begründet hatte, ist der Meinung: „die Redner von SPD und der Partei DIE LINKE haben sich über unseren Antrag nur lustig gemacht und aus unserer Sicht an der Sache vorbei argumentiert. Wir fanden diese Auftritte unangemessen und überheblich.“
Lambrou führt weiter aus: „uns ging es um eine eindeutige rechtliche Festlegung im Hinblick auf die Beschäftigten der Stadt, die von den anderen Fraktionen ängstlich vermieden wurde.“
AfD-Fraktionsvorsitzender Eckhard Müller fragt sich: „warum vermeidet die überwältigende Mehrheit der Stadtverordnetenversammlung eigentlich die Klärung dieser Frage?“
5. (Online verfügbare) Pressereaktionen
24.09.2016
Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ)
Forderung nach Burka-Verbot gescheitert
Wie im Land, so müsse die Vollverschleierung auch in der Wiesbadener Stadtverwaltung untersagt werden, meint die AfD. Doch da machen die anderen Fraktionen nicht mit. weiterlesen…
23.09.2016
Merkurist
Deshalb scheiterte die AfD mit dem Burkaverbot
Keine Gesichtsschleier für städtische Mitarbeiter – das wollte die AfD im Stadtparlament erreichen. Dumm nur, dass es bislang nicht eine verschleierte Frau in Dienst der Kommune gibt. weiterlesen…