An
Herrn Gerhard Obermayr
Stadtverordnetenvorsteher
Schloßplatz 6
65183 Wiesbaden
Wiesbaden, den 11.05.2021
Antrag der AfD-Stadtverordnetenfraktion für die Sitzung der
Stadtverordnetenversammlung am 20.05.2021
Offene Fragen zum Kita-Bau in der Hellmundstraße
Begründung:
Wie schon länger bekannt, plant die Stadt die Einrichtung einer neuen Kita im inneren Westend. Die ersten Pläne zu dem Projekt wurden im Frühjahr 2019 öffentlich diskutiert. Als problematisch wurde bereits damals die Tatsache bewertet, dass sich das Grundstück, auf dem die Kita erbaut werden soll, im Eigentum des SEG-Geschäftsführers Roland Stöcklin (SPD) befindet. In einer von Filz und Vetternwirtschaft geplagten Stadt ein Vorgang, der schon damals auf Widerstand stieß.
Wie der Presse jüngst zu entnehmen war, ist an die Stelle des ursprünglichen Plans – Herr Stöcklin baut auf seinem Grundstück eine Kita, ein privater Träger übernimmt den Betrieb und die Stadt dessen Finanzierung – in der Zwischenzeit ein Vertragsmodell getreten, das starke Zweifel daran lässt, ob alle beteiligten Akteure tatsächlich nur zum Wohle der Stadt Wiesbaden handeln.
Es gibt zwei vernünftige Möglichkeiten, in einer Kommune eine Kita zu errichten: so baut die Kommune entweder selbst einen Kita und zwar auf eigenem Grund und Boden und übernimmt auch anschließend die Trägerschaft – oder sie überlässt Planung und Bau dritten und übernimmt im Rahmen der Gesetze lediglich die Kosten für den Betrieb. Die neuen Pläne für die Kita im Westend hingegen stellen eine merkwürdige Mischung dieser beiden Vorgehensweisen dar, bei der die Stadt Wiesbaden alle Kosten und Risiken trägt, während der Grundstückeigentümer über den geplanten Mietzeitraum von 30 Jahren völlig risikolos zu einem stattlichen Vermögen gelangen wird.
Die AfD-Rathausfraktion hält diese Pläne für skandalös und fordert an dieser Stelle Aufklärung über das Zustandekommen des beschriebenen Vertragsmodells. Sollte der Magistrat die berechtigten Zweifel an diesem Modell nicht ausräumen können, käme unserer Ansicht nach nur die sofortige Aufgabe dieses Modells in Frage.
Antrag:
Die Stadtverordnetenversammlung wolle beschließen:
Der Magistrat möge berichten:
- In der Berichterstattung wird die niedrige Betreuungsquote im Westend als Grund für die Dringlichkeit des Kita-Neubaus angeführt, wobei (Zitat Stadtrat Manjura) auch „das Aufgreifen unkonventioneller Ideen“ gerechtfertigt sei.
- Wie steht es um die Nachfrage nach Kita-Plätzen im inneren Westend? Gibt es eine Warteliste? Wenn ja, wie viele Kinder stehen aktuell auf der Liste?
- Wie viele Eltern im inneren Westend haben in den letzten drei Jahren ihren Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz gegenüber Stadt eingeklagt? Wie wurde dem Wunsch der Eltern in diesen Fällen – trotz fehlender Kitas – entsprochen?
- Wie schätzt der Magistrat die Tauglichkeit des Grundstücks für einen Kita-Betrieb ein – vor dem Hintergrund, dass es keinen Platz für ein ausreichend großes Außengelände zum Spielen gäbe?
2.) Üblicherweise melden die Dezernate bei Immobilienbedarf diesen Bedarf beim Hochbauamt an, welches sich daraufhin um die Akquisition eines passenden Grundstückes kümmert. Dabei gilt die Maßgabe, dass zuallererst Liegenschaften im Besitz der Stadt oder einer Beteiligungsgesellschaft für eine Nutzung geprüft werden sollen.
- Wie ist Dezernat IV bei der Suche nach einem geeigneten Grundstück vorgegangen?
- Welche Grundstücke im inneren Westend und den angrenzenden Straßen/Vierteln be-
finden sich im Besitz der Stadt Wiesbaden? Wurden alle diese Grundstücke auf Eig-
nung geprüft? Falls ja, mit welchem Ergebnis?
- Hat das Hochbauamt auch den Ankauf des Grundstücks in der Hellmundstraße in Erwä-
gung gezogen? Wenn nein, wieso nicht? Wenn ja, woran ist der Ankauf gescheitert?
3.) Sowohl das Vorderhaus als auch das Hinterhaus auf dem Grundstück sind Wohngebäude, die im Falle des Kitabaus abgerissen oder umgenutzt werden müssten.
- Angesichts der anhaltenden Wohnungsnot im inneren Westend: für wie wahrscheinlich erachtet es der Magistrat, dass das Bauamt eine Abrissgenehmigung erteilen wird?
- Müssten im Vorderhaus, das erhalten bleiben soll, Wohnungen „entmietet“ werden? Wenn ja, auf welche Kündigungsfrist könnten sich die Mieter dort berufen?
4.) Laut Berichterstattung soll dem aktuellen Eigentümer des Grundstücks eine „Reservierungsgebühr“ über einen Zeitraum von 12 Monaten in Höhe von 102.103 € gezahlt werden.
- Wie ist diese Vereinbarung zustande gekommen? Hat der Eigentümer das Vertragsverhältnis mit der Stadt an die Zahlung einer solchen Gebühr gekoppelt?
- In wie vielen Fällen hat die Stadt in den letzten zehn Jahren solche „Reservierungsgebühren“ an private Grundstückbesitzer gezahlt?
- Ist dem Magistrat bekannt, ob der Eigentümer an seinen Kita-Plänen auch dann festhalten würde, wenn die Stadt das Grundstück nicht selbst entwickeln würde, sondern dem Eigentümer „nur“ einen Mietvertrag für die fertiggestellte Kita über 30 Jahre anböte?
5.) Im Wiesbadener Kurier vom 25.04.2019 heißt es, die Besitzer wollen „deutlich machen, dass die Kita ein privates Projekt ist – und nichts mit Stöcklins Beschäftigung bei der SEG zu tun hat“. Zum damaligen Zeitpunkt wäre Roland Stöcklin selbst der Bauherr gewesen.
a.) Wie beurteilt der Magistrat die Trennung von privaten und geschäftlichen Beziehungen nun, da die Stadt selbst für Herrn Stöcklin eine Kita inklusive Vorplanung errichtet, die -im Falle, dass die Stadt das Mietverhältnis nach 30 Jahren beendet – in Gänze und ohne Entschädigung an Herr Stöcklin fiele?
b.) Welche Kenntnisse hat der Magistrat über die Gründe dafür, dass die von Herrn Stöcklins Kreditinstitut geforderten „Garantieerklärungen“ nicht geliefert werden konnten?
c.) Wie beurteilt der Kämmerer die bisher bekannt gewordenen Absichten des Magistrats
mit Blick auf die städtischen Finanzen?
Dr. Eckhard Müller Philipp Schumacher
Fraktionsvorsitzender Politischer Referent
AfD Stadtverordnetenfraktion AfD Stadtverordnetenfraktion