An
Herrn Gerhard Obermayr
Stadtverordnetenvorsteher
Schloßplatz 6
65183 Wiesbaden
Wiesbaden, den 11.05.2021
Antrag der AfD-Stadtverordnetenfraktion für die Sitzung der
Stadtverordnetenversammlung am 20.05.2021
Stadtentwicklungsmaßnahme aufgeben – Zukunft des BKA in Wiesbaden sichern
Begründung:
Im Rahmen des für das Bauprojekt „Ostfeld/Kalkofen“ obligatorischen Zielabweichungsverfahrens, das gerade in der Regionalversammlung Südhessen zum Abschluss gekommen, ist erstmals öffentlich bekannt geworden, dass das Projekt Ostfeld/Kalkofen deutlich anders umgesetzt werden soll, als von der Stadtverordnetenversammlung im Herbst 2020 beschlossen. Von den Änderungen des Projektentwurfs ist die Stadtverordnetenversammlung jedoch nie in Kenntnis gesetzt worden.
So wird nicht mehr mit einem Gewerbegebiet im Teilgebiet „Kalkofen“ geplant, welches der Stadtverordnetenversammlung noch bis Ende 2020 als absolut notwendig zur Schaffung von Arbeitsplätzen für schlecht(er) qualifizierte Arbeitssuchende angepriesen worden ist. Stattdessen soll das gesamte nördliche Teilgebiet nun dem BKA zur Verfügung gestellt werden.
Vor dem Hintergrund einer drohenden Normenkontrollklage gegen die Landeshauptstadt Wiesbaden stellt sich allerdings die Frage, ob diese Art Neu-Priorisierung den Griff zum Instrument der Stadtentwicklungsmaßnahme nicht erst recht zu einem Wagnis macht, mit dem die zukünftige Präsenz des BKA in Wiesbaden sogar gänzlich in Gefahr geraten könnte.
Antrag:
Die Stadtverordnetenversammlung wolle beschließen:
I Die Stadtverordnetenversammlung nimmt zur Kenntnis,
- dass am Entwurf des Projekts Ostfeld/Kalkofen, wie es von der Stadtverordnetenversammlung im September 2020 beschlossen wurde, in der Zwischenzeit gravierende Änderungen von Seiten des zuständigen Wiesbadener Baudezernates vorgenommen worden sind:
- dass die für den Entwurf SEG in ihrem Bericht über die vorbereitenden Untersuchungen die Notwendigkeit einer städtebaulichen Entwicklung des Gebietes nicht nur mit der Bereitstellung von Flächen für das BKA sondern ganz prominent auch mit dem Mangel an Arbeitsstätten für Geringqualifizierte und SGBII-Leistungsempfänger begründet (siehe Bericht 249). Diesem Mangel solle, so die SEG, durch die Schaffung von Arbeitsstätten im Teilgebiet Kalkofen Abhilfe geleistet werden.
- dass, wie aus dem Antrag der Stadt bei der Regionalversammlung Südhessen (RVS) auf Zielabweichung vom derzeit gültigen Regionalplan hervorgeht, nun aber die gesamte Fläche des geplanten Gewerbegebietes (ca. 27 ha) dem Bundeskriminalamt zur Verfügung gestellt werden soll, während im Bericht noch von lediglich 14-20 ha die Rede ist.
- dass im Teilgebiet Kalkofen folglich keine Arbeitsstätten für Geringqualifizierte entstehen würden.
- dass das Projekt Ostfeld/Kalkofen demnach auch keinen nennenswerten Beitrag zur Deckung des prognostizierten Bedarfs an Gewerbeflächen mehr würde leisten können.
- dass mit Wegfall eines „echten“ Gewerbegebietes auch entsprechende Gewerbesteuerzahlungen in der Zukunft wegfallen würden.
- dass also zwischen 2019 und heute eine Schwerpunktverschiebung – von der Notwendigkeit der Schaffung von Gewerbeflächen und in der Folge Arbeitsstätten für Geringqualifizierte hin zur vollständigen Priorisierung der Pflichten, die der LHW als Oberzentrum zufielen (Bereitstellung von Flächen für Bundesbehörden) – stattgefunden hat.
- dass die Stadtverordnetenversammlung der LHW von dieser folgenreichen Änderung des Projekts bislang keinerlei Kenntnis hatte und erst aus dem Antrag der Stadt bei der RVS davon erfahren hat.
- dass das Festhalten der Stadt an der Entwicklung eines neuen Stadtteils im Ostfeld mittels einer Stadtentwicklungsmaßnahme tatsächlich sogar die Ansiedlung der neuen BKA-Zentrale gefährden könnte.
- dass die betroffenen Flächeneigentümer und -pächter im Ostfeld nach Erlass der Entwicklungssatzung, der in Kürze erfolgen wird, eine Normenkontrollklage beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel einzureichen gedenken.
- dass mit einem Urteil des Gerichtshofes in der Sache – angesichts der Dimension und Tragweite des Projektes – erst in mehreren Jahren zu rechnen ist.
- dass für das BKA in dieser Zeit eine grundsätzliche Unsicherheit darüber bestehen wird, ob die Behörde ihre Zentrale in Wiesbaden überhaupt wird ansiedeln können.
- dass dies zur Folge haben könnte, dass die Landeshauptstadt Wiesbaden das BKA schlußendlich in Gänze verlieren könnte.
- dass die Entwicklung der Flächen für das BKA am Standort Kalkofen auch mittels normalen Baurechts durchgeführt werden könnte, da die LHW zum einen an diesem Standort schon über den größten Teil der benötigten Flächen verfügt; zum anderen die Umwidmung der Flächen im Teilgebiet Kalkofen ganz regulär im Rahmen der Erstellung des neuen Regionalplans erfolgen könnte, die ja tatsächlich schon längst begonnen hat.
II Die Stadtverordnetenversammlung wolle beschließen:
- der Magistrat wird aufgefordert, sämtliche Planungen bezüglich des Baus eines neuen Stadtteils im Ostfeld auf dem Weg einer SEM nach §165 unverzüglich einzustellen.
- der Magistrat wird gebeten, mit den (Privat)Eigentümern der Flächen am geplanten BKA-Standort in erneute Verhandlungen zum Flächenankauf zu treten.
- der Magistrat möge im Rahmen der regulären Aufstellung des neuen Regionalplans eine Umwidmung der Flächen am geplanten BKA-Standort in ein „Vorranggebiet für Gewerbe und Industrie“ beantragen.
Dr. Eckhard Müller Philipp Schumacher
Fraktionsvorsitzender Politischer Referent
AfD Stadtverordnetenfraktion AfD Stadtverordnetenfraktion