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Standorte der Luftmessstationen und Messwerte

Antrag der AfD-Stadtverordnetenfraktion für die Sitzung der
Stadtverordnetenversammlung am 03.05.2018

 

Standorte der Luftmessstationen und Messwerte

 

 

Begründung:

 

Saubere Luft, auch in den Städten, ist ein gutes und anzustrebendes Ziel. Jedoch sollte dieses Ziel mit Augenmaß, Realitätssinn und unter Beachtung unabhängiger wissenschaftlicher Erkenntnisse verfolgt werden. Gleichzeitig gilt es, die Interessen der Bürger im Auge zu behalten, ökonomische Nachteile zu vermeiden und den Bürgern keine Alltagshindernisse in den Weg zu legen. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Dieselfahrverbote, die faktische Enteignung von Dieselbesitzern, hohe Prozesskosten und teure verkehrspolitische Experimente für Kommunen sind die Folgen einer EU-Politik, die den Kommunen mit fragwürdigen Grenzwerten, unrealistischen zeitlichen Zielvorgaben und erzwungenen Maßnahmenkatalogen kaum noch Handlungsspielräume lässt. Die kommunale Selbstverwaltung ist hier durch die Vorgaben der EU insoweit bereits ausgehebelt.

 

Die Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) hat ausweislich ihrer Webseite in den letzten Jahren 19 deutsche Städte und Kommunen verklagt, darunter auch Wiesbaden und das Land Hessen, weil diese bestimmte Grenzwerte für Stickoxide und Feinstaub überschritten hatten, Maßnahmen nicht oder nicht vollständig umgesetzt hatten oder nicht alle theoretisch möglichen Maßnahmen ausgeschöpft hatten, um die Schadstoffwerte schnell genug zu senken (Stichwort Dieselfahrverbot).

Gegen weitere 44 deutsche Städte hat die DUH formale Verfahren eingeleitet. Der Verein geht nach eigenen Angaben davon aus, dass es Stickstoffdioxidgrenzwertüberschreitungen in über 300 deutschen Städten gibt.

 

In der Folge der DUH-Klage gegen das Land Hessen im Jahr 2005 hat auch Wiesbaden sich einen Luftreinhalteplan gegeben, der immer wieder fortgeschrieben, also um neue konkrete Maßnahmen zur weiteren Absenkung der Schadstoffwerte ergänzt wird. Im Hinblick auf die rechtzeitige und vollständige Umsetzung und Erreichung der im Plan festgeschriebenen Selbstverpflichtungen könnte die Stadt Wiesbaden dann möglicherweise erneut verklagt werden.

 

Da sich die DUH bei ihren Abmahnungen und Klagen auch auf die offiziellen Messwerte der Luftmessstationen stützt, ist es von entscheidender Bedeutung, dass diese Werte nach den rechtlichen  Vorgaben, wie zum Beispiel der Bundesimmissionsschutzverordnung, korrekt ermittelt werden.

 

Sollten Werte ganz oder teilweise nicht korrekt ermittelt werden, weil zum Beispiel Standorte von Messstationen nicht den rechtlichen Vorgaben entsprechen, wären diese Werte nicht zur Beurteilung der Luftqualität in Wiesbaden heranzuziehen.

 

 

Antrag:

 

Die Stadtverordnetenversammlung wolle beschließen:

 

Der Magistrat wird beauftragt, zu berichten:

 

 

  1. Welche Vorschriften aus welchen kommunalen, hessischen, nationalen und EU-weiten Richtlinien, Gesetzen, Verordnungen oder sonstigen Regularien für die Beurteilung der Luftqualität in der Landeshauptstadt rechtlich bindend und daher beispielsweise durch die Deutsche Umwelthilfe e.V. einklagbar sind.

  2. Welche einzuhaltenden Grenzwerte sich aus den unter Punkt 1 genannten Vorschriften für Wiesbaden für 2018 und die folgenden Jahre bis 2030 ergeben.

  3. Auf welche Weise die Luftmesswerte für Wiesbaden ermittelt werden und welche Mess-ergebnisse welcher mobilen und stationären Messstationen aktuell in die Beurteilung der Luftqualität nach den Maßgaben der unter Punkt 1 genannten Vorschriften einfließen.

  4. Ob aktuell oder in der Vergangenheit auch Messwerte in die Beurteilung der Luftqualität nach den Maßgaben der unter Punkt 1 genannten Vorschriften einfließen oder eingeflossen sind, deren Erhebung nicht den Vorgaben für die Messmethode oder den Vorgaben für die  Platzierung stationärer Messstationen entsprechen oder in Art und Umfang über die vorgeschriebenen Erhebungen hinausgehen.

  5. Falls nicht regelkonform erhobene Messwerte eingeflossen sind oder einfließen (siehe Punkt 4):

    a. Welche Messwerte aus welchen Messstationen oder -methoden dies sind.

    b.      In welchem Maß und welcher Weise diese Werte die Beurteilung der Messwerte für Wiesbaden im Hinblick auf die unter Punkt 1 genannten Vorgaben verfälschen.

  6. Ob der Magistrat in Zukunft mit einer erneuten Klage der Deutschen Umwelthilfe e.V. gegen die Landeshauptstadt Wiesbaden rechnet.

  7. Welche rechtlichen Möglichkeiten der Magistrat sieht, die Kosten und die verkehrstechnischen sowie stadtplanerischen Folgen einer möglichen erneuten Klage der Deutschen Umwelthilfe e.V.  für die Bürger abzuwenden oder abzumildern.

  8. Ob und wie der Magistrat den Aspekt der Einklagbarkeit selbst auferlegter Maßnahmen durch die  DUH in seine Pläne zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans für Wiesbaden einbezieht.

  9. Mit welchen anderen Kommunen, Verbünden oder Gremien, möglicherweise auch auf Bundes- und EU-Ebene, sich der Magistrat für ein koordiniertes Vorgehen gegen die Abmahn- und Klagewelle der Deutschen Umwelthilfe e.V. in Gesprächen befindet und wie hier der Sachstand ist.

 

 

Es wird auch um einen schriftlichen Bericht gebeten.

 

Begründungsrede Denis Seldenreich zum Antrag „Standorte Luftmessstationen und Messwerte“

 

 

Sehr geehrte Frau Stadtverordnetenvorsteherin,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

sehr geehrte Damen und Herren,

 

 

die EU hat den Ländern in ihrer Richtlinie 2008/50/EG strenge Vorgaben zur Luftreinhaltung und Reduzierung der verkehrsbezogenen Schadstoffbelastung gemacht. Diese Vorgaben wurden 2010 mit der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutz-gesetzes in nationales Recht überführt.

 

Darin werden unter anderem exakte Immissionsgrenzwerte für Feinstaub und Stickstoffdioxid festgelegt. Als Grenzwert für Feinstaub sind aufs Jahr gemittelt 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft festgelegt, für ultrafeine Partikel sind es 25 Mikrogramm. Für Stichstoffdioxid beträgt der Grenzwert 40 Mikrogramm pro Kubikmeter.

 

Die Verordnung enthält außerdem genaue Standortvorgaben für die Probeentnahmestellen, also die Luftmessstationen, zur Ermittlung der Luftmesswerte.

 

Die Standorte müssen in Ballungsräumen, beispielsweise so gewählt sein, dass sie den Zeitraum mit einbeziehen, dem die Bevölkerung den Messwerten an der betreffenden Stelle üblicherweise ausgesetzt ist.

Zudem müssen die Daten des Standorts für die Exposition der Bevölkerung allgemein, und für einen Straßenabschnitt von nicht weniger als 100 Meter Länge repräsentativ sein.

 

Im Klartext bedeutet dies, dass eine Messung zwischen zwei Fahrbahnen in der Mitte einer stark befahrenen Ampel-Kreuzung nicht den Vorgaben entspräche, weil sich dort niemand über einen längeren Zeitraum aufhält und die Daten nicht für einen weiteren Bereich repräsentativ oder typisch sind.

 

Probeentnahmestellen sollen einige Meter von Gebäuden, Bäumen und anderen Hindernissen entfernt stehen, damit die Luft frei strömen kann.

Sie dürfen im Allgemeinen höchstens 10 Meter vom Fahrbahnrand entfernt sein, bei verkehrsreichen Kreuzungen müssen sie mindestens 25 Meter vom Fahrbahnrand entfernt sein. Dieser Mindestabstand trifft auch auf Stop-and-Go-Verkehrslagen zu.

 

 

Zusammenfassend kann man sagen, dass es nicht darum geht, Höchstbelastungen und Spitzenwerte festzustellen, sondern es sollen mit Blick auf die typische Exposition der Bevölkerung repräsentative Werte ermittelt werden.

 

Das Hessische Landesamt für Natur und Geologie (HLNUG) betreibt zu diesem Zweck in Wiesbaden drei fest installierte Messstationen: Eine am Hohen Stein, eine an der Schiersteiner Straße und eine an der Ringkirche. Nur die beiden letzteren sammeln verkehrsbezogene Werte.

 

Für die Landeshauptstadt Wiesbaden sind Stickstoffdioxidwerte relevant, denn für diesen Schadstoff wurde der Grenzwert in den vergangenen Jahren immer wieder überschritten.

 

Sobald eine Kommune einen Grenzwert einschließlich definierter Toleranzmargen in einem bestimmten Jahr nicht eingehalten hat, ist sie verpflichtet, sich einen sogenannten Luftreinhalteplan zu geben. Im Luftreinhalteplan legt die Kommune konkrete Maßnahmen und Vorhaben sowie einen Zeitplan zur Umsetzung der Maßnahmen für die dauerhafte Reduzierung der betreffenden Schadstoffe fest.

 

Auch Wiesbaden hat solch einen Luftreinhalteplan.

 

Ein hohes Interesse an sauberer Luft haben wir selbstverständlich alle.

 

Aber angesichts der gravierenden Folgen für die Bevölkerung, die Verwaltung und die selbstbestimmte Planung der Stadt, die eine Grenzwertüberschreitung nach sich zieht, sollte Wiesbaden ein hohes Interesse an der Vermeidung weiterer Zwangsmaßnahmen haben und alle Möglichkeiten ausschöpfen, schon bestehende Zwänge zu revidieren.

 

Die Bürger der Stadt Wiesbaden dürften wenig Verständnis dafür haben, wenn an dieser Stelle aus ideologischem Umweltschutz-Enthusiasmus darauf verzichtet würde, ihnen Fahrverbote, teure PKW-Nachrüstungen und eine Elektrifizierung mit der Brechstange zu ersparen.

 

Manchmal hat man ja den Eindruck, als wären die wirtschaftlichen und alltagstechnischen Zumutungen für Bürger, Gewerbe und Automobilindustrie, insbesondere aus grüner Sicht, lediglich zu vernachlässigende  Kollateralschäden im Kampf um die Rettung des Klimas.

 

Die Folgen und die Kosten dieser Kollateralschäden sind jedoch ganz erheblich und deshalb sollte hier eine nüchterne Analyse erfolgen, um unnötige Eingriffe zu vermeiden und Auswege zu prüfen.

 

In diesem Sinne ist es von entscheidender Bedeutung, dass die offizielle Beurteilung der Luftqualität auf Messdaten beruht, die nach den Vorgaben der Bundesimmissions-schutzverordnung korrekt ermittelt wurden.

 

Und es gibt ernst zu nehmende Hinweise darauf, dass die Messdaten zumindest teilweise nicht korrekt erhoben wurden.

 

Der AfD-Fraktion liegt zum Beispiel eine schriftliche Auskunft aus dem hessischen Umweltministerium vor, wonach der Standort der Luftmessstation an der Ringkirche nicht den aktuellen gesetzlichen Vorgaben aus der Bundesimmissionsschutzverordnung entspricht.

Die Station steht viel zu nah an der Kreuzung und der Standort erbringt durch die extreme Verkehrssituation mit Stop-and-Go-Verkehr zudem keine repräsentativen Ergebnisse.

 

Obwohl dies bekannt ist, fließen die Werte der Messstation an der Ringkirche nach Auskunft des Ministeriums dennoch weiterhin in die offizielle Beurteilung der Luftqualität ein und begründen damit maßgeblich die schlechte Gesamtbewertung Wiesbadens mit.

Es wäre also sinnvoll zu prüfen, ob auch der Standort an der Schiersteiner Straße möglicherweise nicht allen Vorgaben entspricht.

 

Wir würden es deshalb begrüßen, wenn der Magistrat die Stadtverordnetenversammlung  ausführlich über die Fragen unseres Antrags und den aktuellen Sachstand informieren würde.

 

 

Ich bitte Sie um Zustimmung für unseren Antrag.

 

Vielen Dank.

 

 

 

 

 

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