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(Wiesbaden, 18.02.2020)
Die AfD-Rathausfraktion hat bekanntlich einen Antrag zur letzten Stadtparlamentssitzung eingebracht, die Stadtpolizisten und ihre Familien besser vor unterschwelligen Bedrohungen zu schützen, indem die Namensschilder an der Uniform durch Identifikationsnummern ersetzt werden.

Der Bericht des Bürgermeisters Dr. Franz (CDU) und der Verlauf der Debatte zu unserem Antrag war ein Musterbeispiel dafür, wie man die wohlbegründeten und legitimen Sorgen der eigenen Belegschaft, nämlich der Stadtpolizisten, herunterspielt und mit Füßen tritt.

ORDNUNGSDEZERNENT WEICHT DEM THEMA AUS

Franz hatte bereits in seinem Statement gegenüber der FAZ im Vorfeld der Sitzung die erste Nebelkerze gezündet. Es sei, so gibt ihn die FAZ wieder, kein einziger Fall einer ernsthaften Bedrohung eines Stadtpolizisten schriftlich vermerkt. Soso, nicht „schriftlich“. Und keine „ernsthaften“ Bedrohungen. Man merkt die Absicht und ist verstimmt. Wir hatten uns vor unserem Antrag natürlich kundig gemacht und wussten daher aus erster Hand, dass es regelmäßig zu verbalen Vorfällen gegenüber Stadtpolizisten kommt, nur liegen die eben meist unterhalb der echten Bedrohung und tauchen daher in keiner Statistik auf.

Aus gutem Grund haben wir in unserem Antrag explizit danach gefragt, welche Kenntnisse dem Magistrat über persönliche Bedrohungen und Anfeindungen auch unterhalb des Straftatbestands der Bedrohung gegen Stadtpolizisten nach Art und Zahl vorliegen.

Die wenigen Fälle aus der Statistik, die der Ordnungsdezernent in der Stadtverordnetenversammlung vortrug, können daher getrost als weiterer Versuch gewertet werden, die tatsächliche Lage zu verharmlosen und der Beantwortung unserer Frage auszuweichen.

CDU ERKLÄRT REALITÄT ZUR PARALLELWELT

Und als sei dies allein noch nicht genug Verhöhnung der Sorgen der Stadtpolizisten, verstieg sich der CDU-Stadtverordnete Hasemann-Trutzel zu der Äußerung, er nehme das, was die AfD beschreibe, als Parallelwelt wahr. Ingo von Seemen (Die Linke) lässt sich auf der Seite der LiPi-Rathausfraktion gar mit folgender Sprechblase abbilden: „In Wiesbaden können Sie ohne Angst leben. Man muss nur aufhören, der dumpfen Propaganda der AfD zuzuhören!“

Alles bestens also? Die als Angsträume benannten Orte der jüngsten Stadtanalyse nur Einbildung? Die Waffenverbotszone und „Gemeinsam Sicheres Wiesbaden“ ‚just for fun‘ eingerichtet? Die jüngsten Umfrageergebnisse, nach denen 61 Prozent der befragten jungen Leute angaben, in den letzten 5 Jahren selbst bedroht oder bepöbelt worden zu sein und 64 Prozent angeben, abends bestimmte Plätze, Straßen oder Parks zu vermeiden – alles nur „Parallelwelt“?

STADTPOLIZISTEN FÜHLEN SICH IM STICH GELASSEN

Für unsere Stadtpolizisten ist diese angebliche Parallelwelt allerdings die Realwelt. Wie muss man sich als Stadtpolizist eigentlich fühlen, wenn man von den eigenen Vorgesetzten auf öffentlicher Bühne derart arrogant den nassen Lappen ins Gesicht geklatscht bekommt? Wenn die eigenen Sorgen so demonstrativ nicht ernst genommen werden? Wenn die Namensschilder dran bleiben müssen, egal welche Folgen das hat?
Wir haben nachgefragt. Die Reaktionen aus der Stadtpolizei fallen entsprechend negativ aus. Besonders die Äußerungen des Dezernenten werden mit Unverständnis und großer Verärgerung aufgenommen. Manch einer wünscht sich wohl, der Dezernent würde mal selbst eine nächtliche Streife mitlaufen, um mit der Wirklichkeit konfrontiert zu sein.

ABSTIMMUNG ÜBER ANTRAG UMGANGEN

Den Mut, über den Antrag der AfD abzustimmen hatte die Stadtverordnetenversammlung nicht, denn insbesondere der CDU und ihrem Ordnungsdezernenten hätte ein dokumentiertes „Nein“ vielleicht im kommenden Kommunalwahlkampf noch Schluckauf bereitet. Und so wurde mal wieder Einer vorgeschickt, um den Geschäftsordnungsantrag auf „per Aussprache erledigt“ zu stellen und den Antrag auf diese Weise ohne Abstimmung zu beerdigen.

Was die Vertreter der Altparteien in ihrer Hybris gegenüber der AfD übersehen, ist die Tatsache, dass sie mit ihrer Totalverweigerung nicht die AfD treffen, sondern diejenigen, deren Interessen die AfD vertritt.
Im Hinblick auf zukünftige Wahlergebnisse möchte man den Altparteien als AfD-Vertreter zurufen: Nur immer weiter so!